Schenten & Partner
Architekten PartGmbB

Villa Elisa

Nutzungsänderung einer Villa in eine Demenzwohngemeinschaft

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Baujahr: 1910
Ort: Hagen - Haspe
Projektart: Sanierung
Projektphase: Realisiert
Bauherr: Georg Kraus Stiftung

Kein alltägliches Projekt

Ziemlich einmalig ist diese Beauftragung im Laufe des Berufslebens als Architekt. Der einfache Denkansatz, eine bürgerliche Villa aus dem Jahr 1912 in eine Wohngemeinschaft für Demenzerkrankte umzunutzen, verbunden mit sämtlichen Aspekten, die für die Realisierung betrachtet werden müssen, sind diffizil und erschließen sich stückweise. Somit ist auch eine Bauherrin erforderlich, die flexibel genug ist, die Problemlösungen zu diskutieren und anzunehmen.
Neben der eigentlichen Bauaufgabe ist der wesentlichere Part der der Bauherrin und wenn die Aufgabe einmalig ist, so ist hier die Auftraggeberin mindestens ebenso besonders. Die Frage der Wirtschaftlichkeit ist im Bauprozess üblicherweise und (leider) mehr und mehr der Kern, um den sich alles dreht. Ist die Wirtschaftlichkeit nicht gegeben, bleiben alle Vorstellungen des Planentwurfes üblicherweise „Luftschlösser“ und hierzu kann es in Zeiten unkalkulierbarer Baupreisentwicklungen schnell kommen.
Somit ist es für uns ebenso einmalig, mit der Auftraggeberin, der Georg Kraus Stiftung, zusammen mit Frau Anne Kraus, arbeiten zu dürfen. Die Intention der Auftraggeberin ist nicht die, unter wirtschaftlichen Aspekten Gewinne aus der Immobilie zu generieren, sondern ein Kleinod zu schaffen bzw. wieder herzustellen, um 10 Demenzerkrankten einen würdigen Rahmen für ihr Leben zu ermöglichen.

Die konkrete Planungsaufgabe

Die Kenntnis über die komplizierten, in sich teils widersprüchlichen Vorschriften hinsichtlich bauordnungsrechtlicher, denkmalpflegerischer, energetischer Aspekte, sowie zum vorbeugenden Brandschutz und der Barrierefreiheit, bilden anfänglich Bausteine einer Wand, die es zu überwinden gilt. Danach müssen Kompromisse erfolgen, damit eine Nutzungsänderung realisierbar wird. Und hier kam zu Beginn die große Frage auf, wie und an welcher Stelle schaffen wir die vertikale Erschließung aller Ebenen mit einem Aufzug, um die Barrierefreiheit zu erreichen? Da innerhalb des Gebäudes der Eingriff zu massiv gewesen wäre, entschlossen wir uns für einen Anbau, der die vorgegebene Materialität der Fassade aus Schiefer und Putz aufnimmt und sich dadurch einfügen sollte. Viel schwieriger waren die Belange, dem vorbeugenden Brandschutz in Form des zweiten selbstständigen Rettungsweges mittels Außentreppe baulich in der Fassade gerecht zu werden, so dass wir diese auf der Rückseite hinter dem Aufzug positioniert haben. Denn maßgeblich in der Erscheinung und Wirkung der historischen Fassaden, nach der Denkmalwertbegründung als „spätbarock-klassizistisch bergisch-märkische Bauweise“ bezeichnet, sind die Straßen-, Süd-, West- und Ostfassaden, die wir lediglich minimal mit Gauben nach Vorbild der Bestandskonstruktion in der Mansarde ergänzt haben.
Zur Realisierung der 10 Bewohnerzimmer waren die Teileingriffe in die innere Grundrissstruktur im Bereich der Etagenanschlüsse des Aufzugs immens. Hier erfolgte die komplette Entkernung von tragenden inneren Wänden und Decken und die Neustrukturierung des statischen Systems. Der Einbau von insgesamt 5 barrierefreien Bädern konnte durch die Erhöhung der Fußböden realisiert werden. Die vorhandene innere Erschließung vom Obergeschoss in die Mansarde mittels Holztreppe konnte nicht erhalten werden, da die Treppenmaße sowie das Material den bauordnungsrechtlichen Vorschriften nicht genügten. Es ließ sich kein alternativer Grundrissbereich für die Ersatztreppe planerisch ermitteln, so dass ein gewagter Schritt vorgenommen wurde und der historische Treppenraum vom Erd- in das Obergeschoss um ein Geschoss in die Mansarde erweitert wurde. Der Kritik der Denkmalbehörden zu diesem Schritt konnten wir begegnen mit dem Hinweis, dass die neue Treppe die Form der darunterliegenden Treppe aufnimmt, sich aber im Material aus Stahl mit Holzstufen bewusst modern absetzt. Aus meiner Sicht war die durchaus radikale Entscheidung der Erweiterung des historischen Treppenraumes bis in die Mansarde ein guter Weg, denn lediglich die neue Materialität zeugt vom Umbau. Der nun entstandene große Treppenraum wirkt so, als wäre er schon immer vorhanden.

Innen- und Außenbereiche

10 Bewohner finden im Inneren des historisch wertvollen Gebäudes nun ihr Zuhause. Die Funktion der Grundrisse und die technische Ausstattung sind abgestimmt auf die Belange demenzerkrankter Menschen. Sämtliche technische Einbauten entsprechen dem neuesten Stand, im Gegensatz dazu konnten die historischen Holzvertäfelungen im Erdgeschoss weitestgehend erhalten werden, ebenso die wunderschönen historischen Türen, die lediglich mit einem sog. Obentürschließer ertüchtigt werden mussten um dem Brandschutz Rechnung zu tragen. Auch die historische Holztreppe vom Erdgeschoss in das 1. Obergeschoss konnte erhalten und instandgesetzt werden; an den Wänden wurden in einigen Bereichen kleine Felder der damaligen Tapete konserviert und dekorativ in Szene gesetzt. Die Ergänzung eines jeden Gebäudes sind die Außenanlagen, die mit Blick auf die Anbindung an das Gebäude eine Fortsetzung der guten Funktion und Gestaltung sind. Die historische Mauer zum Bürgersteig wurde restauriert und konnte instand gesetzt werden, ebenso wurden die Bäume im Vorgarten während der Umbaumaßnahme geschützt und bekamen einen Pflegeschnitt. Neben den Ausgangstüren erschließt der Aufzug den barrierefreien Weg ins Freie. Als Rampen angelegte Wege ermöglichen es auch Rollstuhlfahrern, den wieder zum Leben erweckten Garten vollständig zu nutzen. Eine natürliche Begrünung mit Wildwiesen und Kräutern, blühenden und fruchttragenden Büschen und Bäumen runden die neue Nutzung der Villa Eversbusch ab.
An dem Projekt waren alle Mitarbeitenden des Hagener Büros Schenten & Partner sowie sämtliche Fachingenieure, die das Projekt begleitet haben, mit vollem Engagement dabei. Wir wünschen allen Bewohnern, Frau Kraus mit der Georg Kraus Stiftung sowie der Betreiberin der Wohngemeinschaft viel Freude mit der „neuen“ Villa Eversbusch.

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